„Es braucht einen erfahrenen Lotsen“ - Oliver Leibfarth im Interview
Oliver Leibfarth ist Geschäftsführer der Leibfarth M&A Consulting GmbH in Ravensburg und con|cess Partner Bodensee/Ulm. Mit seinem Team hat er sich auf die Nachfolgeregelung mittelständischer Unternehmen spezialisiert. Er unterstützt seine Klienten bei der Marktvorbereitung, bei der Käufer- und Investorensuche und im Verhandlungsprozess. Wir sprachen mit ihm darüber, was Unternehmen ohne eigenen familiären Nachfolger beim Übergabeprozess beachten sollten und wie externe Berater bei der Suche nach einem geeigneten Käufer helfen können.
Oftmals werden Unternehmensnachfolgen nicht innerhalb der Familie realisiert. Gerade bei größeren Unternehmen ist auch die Übernahme durch eine Einzelperson schwer zu finanzieren. Ist in solchen Fällen eine Mergers-and-Acquisitions-Transaktion, kurz M&A, sinnvoll?
Wenn klar ist, dass ein familieninterner Nachfolger fehlt, ist gerade ein guter Zeitpunkt, den Betrieb zu veräußern. Die Nachfrage nach mittelständischen Unternehmen ist groß. Man kann als Verkäufer derzeit gute Preise erzielen und auch in Bezug auf den passenden Käufer oft recht wählerisch sein. Dieser soll dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern ja eine nachhaltige Zukunft bieten. Das ist, meiner Erfahrung nach, für den abgebenden Unternehmer meist wichtiger, als den letzten Euro rauszuholen. Man will ja, dass das eigene Baby in gute Hände kommt. Einzelpersonen, also Management-Buy-In-Interessenten, haben es als Käufer dabei allerdings sehr schwer. Sie haben oft nur dann eine Chance, wenn deren Finanzierung über jeden Zweifel erhaben ist und sie als Persönlichkeit und mit einem schlüssigen Übernahmekonzept überzeugen können. Strategische Interessenten und Finanzinvestoren sind in dieser Hinsicht klar überlegen und kaufen inzwischen auch überraschend kleine Unternehmen. In den letzten zwei Jahren ist bei meinen Verkaufsobjekten leider kein einzelner MBI-Kandidat mehr zum Zuge gekommen, obwohl es auch aus dieser Gruppe etliche ernstzunehmende Interessenten gab.
Das Wachstum vieler etablierter mittelständischer Unternehmen ist insofern limitiert, dass sie nicht in ausreichendem Maße Fachkräfte finden können. Ist die Realisierung von Wachstum durch den Zukauf anderer Unternehmen eine Variante, die Sie derzeit häufig beobachten?
Der Wunsch wird oft geäußert. Praktisch funktioniert das eher selten. Freie Personalkapazität bekommt man dann, wenn das zu verkaufende Unternehmen ein Auslastungsproblem hat. Das ist in Branchen mit Personalmangel meist nicht der Fall. In der Regel ist das Kaufobjekt selbst ausgelastet. Anorganisches Wachstum findet derzeit eher mit der Zielsetzung des Erwerbs neuer Technologien, Produkte oder Kundenstamm, Risikostreuung, regionaler Ausdehnung oder Synergien statt. Ausnahmen sehe ich derzeit, wenn Lohnfertiger ohne eigenes Produkt in Schwierigkeiten geraten, weil sie zum Beispiel im Spritzguss oder in der mechanischen Fertigung einem starken Wettbewerb und Preisdruck ausgesetzt sind. Für Unternehmen mit eigenen erfolgreichen Produkten kann es dann eine gute Gelegenheit sein, sich mehr Fertigungskapazität ins Haus zu holen. Für den Verkäufer ist dies jedoch oft aus der Not geboren und führt zu eher schwachen Verkaufspreisen – das kann im Zweifel aber eine Gelegenheit sein, eine Insolvenz abzuwenden
Falls ein Unternehmen im Rahmen eines M&A-Deals übernommen werden soll: Wie stellt sich in solch einem Fall der zeitliche Ablauf typischerweise dar?
Bei uns kommt zuerst die Marktvorbereitung: Wir lernen das Unternehmen kennen, analysieren die Daten, erstellen eine indikative Bewertung sowie das Exposé. Nachdem wir mit dem Verkäufer die Vermarktungsstrategie abgestimmt haben, gehen wir sehr diskret an den Markt. Aus den Rückmeldungen stellen wir die qualifiziertesten Interessenten vor. Mit einem engeren Kreis werden in der Regel dann weitere Gespräche geführt, bis man mit einem Interessenten einen Letter of Intent schließt, also eine Absichtserklärung, die in der Regel auch beinhaltet, dass man nun exklusiv miteinander weiterverhandelt. Während dieser Exklusivität findet eine Due Diligence statt, in deren Rahmen der Käufer einen – virtuellen – Datenraum zur Verfügung gestellt bekommt, in dem er das Unternehmen gründlich prüfen kann. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dieser Due Diligence werden dann Vertragsverhandlungen geführt, die im Vertragsschluss enden, wenn nichts schief geht. In der Regel dauert ein solcher Prozess bei uns ab der Beauftragung meist etwa neun bis 18 Monate.
Häufig stellt sich die Frage, wie und wo Käufer für ein Unternehmen gefunden werden können. Welche Tipps geben Sie verkaufsinteressierten Unternehmerinnen und Unternehmern?
Diese Frage höre ich leider oft, und sie zeigt mir, dass vielen Verkäufern völlig unklar ist, wo die eigentlichen Hürden im Verkaufsprozess stehen. Kaufinteressenten zu finden ist selten ein Problem, wenn ein Unternehmen überhaupt verkaufstauglich ist. Bei unseren Mandanten kommen da schnell mal 30 und mehr Interessenten zusammen, wenn wir an den Markt gehen. Unberatene Verkäufer scheitern eher an anderen Themen. Sie unterschätzen zum Beispiel den Aufwand, haben keine Zeit, um aussagefähige Unterlagen zur Verfügung zu stellen, haben unrealistische Preisvorstellungen, Schwierigkeiten bei der Auswahl geeigneter Übernahmekandidaten und keine professionelle Due Diligence, begehen Kommunikationsfehler bei kritischen Themen und bei der gegenseitigen Vertrauensbildung – kurz: Es fehlt ein strukturierter, zielführender Prozess. Über die Hälfte meiner Klienten haben es vorher selbst mit einem oder mehreren Interessenten vergeblich versucht und viel Zeit und Geld aufgewendet, um zu verstehen, dass es einen erfahrenen Lotsen braucht, der hilft, die zahlreichen Klippen zu umschiffen. Um aber Ihre eigentliche Frage zu beantworten: Verkaufsinteressierten Unternehmerinnen und Unternehmern empfehle ich, Mitarbeiter, Wettbewerber, Kunden, Lieferanten und andere anzusprechen, die potenziell als Käufer in Frage kommen. Es stellt sich aber auch hier die Frage, wie sich das diskret und anonym machen lässt, wenn nicht durch einen externen Berater. Auf den einschlägigen Unternehmensbörsen wie etwa nexxt-change.org, concess.de oder DUB.de kann man gezielt nach Kaufinteressenten suchen und meist auch das Unternehmen selbst zum Verkauf anbieten. Dringend zu empfehlen ist, dass man erst dann an den Markt geht, wenn man eine marktfähige Preisvorstellung und ein informatives Exposé zur Verfügung hat.
Nicht jedes Unternehmen, für das ein Käufer gesucht wird, ist für potenzielle Investoren interessant. Welche Kriterien spielen nach Ihren Erfahrungen eine entscheidende Rolle?
Von Vorteil sind eine gute Ertragssituation und ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Allerdings gibt es auch Investoren, die Krisenunternehmen kaufen. Gut ist immer ein Alleinstellungsmerkmal, zum Beispiel eigene Produkte, bekannte Marken oder Namen, besondere Technologien oder Methoden sowie eine gesunde Personalstruktur. Schwierig ist eine hohe Eigentümerabhängigkeit. Mittelständler mit starker zweiter Führungsebene sind daher grundsätzlich besser zu verkaufen.
Interview: Jürgen Kuhn
Quelle: Das Magazin der IHKs Bodensee-Oberschwaben und Ulm - Die Wirtschaft 03 | 2022
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