Gestaltung des Kaufpreises im Rahmen einer Unternehmenstransaktion

Häufiger Grund für das Scheitern von Vertragsverhandlungen bei einer Unternehmenstransaktion ist die Uneinigkeit über die Höhe des Verkaufspreises. Während der Verkäufer im Regelfall an einem möglichst hohen Festpreis interessiert ist, möchte der Kaufinteressent hingegen einen möglichst niedrigen Preis zahlen und strebt häufig einen variablen, vorläufigen Kaufpreis an, um sich so gegen mögliche Risiken abzusichern. Schnell wird deutlich, dass sich der Gestaltungsansatz beim Unternehmensverkäufer grundlegend von den Zielsetzungen des Unternehmenskäufers unterscheidet. Für diese Variablen gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten:

  • Vereinbarung einer variablen Kaufpreisgestaltung (earn out), bei der ein Teil des Kaufpreises vom Erreichen künftiger Erfolgsziele abhängig gemacht wird; übliche Bezugsgrößen sind EBIT bzw. EBITDA, übliche Zeiträume 1 bis 2 Jahre.
  • Vereinbarung der endgültigen Kaufpreishöhe in Abhängigkeit bestimmter Wertkriterien am Tag des Kaufvollzugs (Closing)

In unserem aktuellen Blogbeitrag erfahren Sie mehr über Closing Accounts, Working Capital und das Locked-Box-Verfahren und erhalten so einen guten Einblick in die Vor- und Nachteile verschiedener Vertragverfahren für Käufer und Verkäufer. 

Den Kaufpreis anpassen: Closing Accounts

Meist wird der Kaufpreis auf Basis einer Unternehmenswertermittlung verhandelt. Hier wird mit den gängigen Bewertungsmethoden auf der Grundlage bestehender Jahresabschlüsse unter realistischen Annahmen der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens ein Wert ermittelt. Unabhängig von der gewählten Form, sollte sich das angewandte Bewertungsmodell in der Kaufpreisformel, im Garantiekatalog und im Haftungsregime wiederfinden und die maßgebenden Faktoren für die Kaufpreisfindung auf Verkäufer- wie Käuferseite vertraglich klar festgehalten werden.

Doch meist liegt der Stichtag für den Unternehmensübergang nicht am Tag der Vertragsunterzeichnung, sondern erfolgt im Regelfall mit Zahlung des vorläufigen Kaufpreises und ggf. mit Eintritt weiterer Bedingungen auf den Käufer. Deshalb vereinbaren die Parteien zunächst einen vorläufigen Kaufpreis, der mit dem Vollzug des Übergangs – manchmal nur Tage, manchmal aber auch Wochen und Monate nach Vertragsunterzeichnung – durch einen Stichtagsabschluss bzw. eine endgültige Berechnung angepasst wird. Anpassungsfaktoren sind dabei meist

  • die Netto-Finanzmittel (Cash & Debt free),
  • das Netto-Umlaufvermögen (Working Capital) und oft auch
  • das Eigenkapital.

Einer Anpassung des Kaufpreises bedarf es, wenn die Werte am Vollzugstag von denen der vorläufigen Kaufpreisberechnung bei Vertragsunterzeichnung abweichen. Deshalb sollte der Unternehmenskaufvertrag möglichst genau definieren, welche Einzelpositionen der Cash-Positionen und des Working Capital (inkl. der Verbindlichkeiten) zu berücksichtigen sind.

 

Was ist „Working Capital“?

Das Working Capital bezeichnet den Saldo aus kurzfristigen Aktiva und kurzfristigen Passiva. Dazu gehören in der Regel

  • aus der Aktivseite der Bilanz Vorräte inkl. unfertige Erzeugnisse und Leistungen, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Cash-Positionen sowie ggf. kurzfristige sonstige Vermögensgegenstände und aktive Rechnungsabgrenzungsposten und
  • aus der Passivseite der Bilanz kurzfristige Rückstellungen, Kundenanzahlungen, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, kurzfristige Bankverbindlichkeiten sowie ggf. kurzfristige sonstige Verbindlichkeiten und passive Rechnungsabgrenzungsposten.

Das Working Capital ist die wichtige Kenngröße über die positive oder negative Höhe des operativen Arbeitskapitals eines Unternehmens. Somit stellt das Working Capital auch ein Liquiditätspolster oder eben auch eine Unterdeckung dar. 

Bei dem Verkauf eines Unternehmens einigen sich Käufer und Verkäufer häufig auf die Bildung eines Durchschnitts der letzten drei Geschäftsjahre, um Ausschläge des Working Capital nach oben oder unten zu glätten.

Je nach Ergebnis des Stichtagsabschlusses kann sich eine Erhöhung oder Reduzierung des Kaufpreises für die Vertragsparteien ergeben. Ob diese Veränderungen in den endgültigen Kaufpreis einfließen, hängt davon ab, welche Vereinbarungen im Vorfeld getroffen wurden bzw. welcher der beiden Vertragspartner über die stärkere Verhandlungsposition verfügt.

Kommt es zu Streitigkeiten, kann ein Schlichtungsmechanismus vereinbart werden. Dieser kostet allerdings viel Zeit und Geld. Zudem kann der Verkäufer häufig nicht über den vollen Kaufpreis verfügen, da mit dem Käufer im Vorfeld Regelungen bezüglich des Rückbehalts von Teilbeträgen des Kaufpreises verabredet wurden.

Dies kann für den Verkäufer zur Folge haben, dass bei der Unterzeichnung des Vertrages der vorher vereinbarte vorläufige Kaufpreis teilweise deutlich unter dem endgültig ermittelten Kaufpreis liegen kann.

Das Locked-Box-Verfahren

Um eine solche Kaufpreisanpassung zu vermeiden, wird deshalb immer häufiger auf das Locked-Box-Verfahren zurückgegriffen. Beim Locked-Box-Mechanismus (LBM) wird der Kaufpreis auf Basis eines zum festgelegten Referenzstichtag erstellten Jahresabschlusses ermittelt. Häufig dient hierfür das letzte Geschäftsjahresende. Dieser Kaufpreis wird von beiden Parteien als endgültiger Kaufpreis festgelegt und später nicht mehr angepasst bzw. verändert. Die Vorteile des LBM liegen auf der Hand:

  • Es ist kein Zwischenabschluss erforderlich und
  • im Kaufvertrag kann auf umfangreiche Regelungen zu diesem Thema verzichtet werden.

Der Käufer sollte sich bei einem Locked-Box-Verfahren darüber im Klaren sein, dass er die Liquiditätsentwicklung zwischen dem Stichtag und dem Closing nicht beeinflussen kann. Dies birgt das Risiko, dass der Käufer seinen Liquiditätsbedarf falsch einschätzt.

Ein wesentliches Element für eine reibungslose Transaktion im Rahmen der Locked-Box Variante ist die so genannte „No Leakage-Garantie“ des Verkäufers. Darin verpflichtet sich der Verkäufer, dass er zwischen dem maßgeblichen Bilanzstichtag und dem vertraglichen Vollzug der Transaktion keine unerlaubten Liquiditätsabflüsse, wie nicht vertraglich erlaubte Gewinnausschüttungen, Schulden- oder Verbindlichkeitserlasse des Verkäufers, Kapitalrückzahlungen oder die Zahlung eines Transaktionsbonuses aus dem Unternehmen vornimmt.

 

Fazit

Zu empfehlen ist der Locked Box-Mechanismus meist für die Verkäuferseite. Die wesentlichen Vorteile bestehen in der Preissicherheit , im Verzicht auf einen Zwischenabschluss und der Reduzierung des Streitpotentials.

Aus Sicht des Käufers sind hingegen die Vereinbarung eines vorläufigen Kaufpreises und eine Kaufpreisanpassung bei Vollzug oft von Vorteil, da die Geschäftsrisiken in der Zeit bis zum Abschluss des Vertrages weiter beim Verkäufer verbleiben, während er bei einem Locked-Box-Verfahren das Risiko einer negativen geschäftlichen Entwicklungen trägt. Allerdings fließen ihm auch die Ergebnisse einer über der Prognose liegenden Geschäftsentwicklung zu – eine Chance.

In der Praxis dominieren bisher die flexiblen Systeme mit Anpassungen des Kaufpreises, allerdings ist ein Locked-Box-Verfahren unkomplizierter, mit weniger Streitpotential belastet und kann für beide Seiten Vor- und Nachteile bringen – je nachdem, in welche Richtung die Geschäftserfolge von den für die Kaufpreisvereinbarung unterstellten abweichen.

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Norbert Richter, con|cess M+A-Partner Stuttgart