Das Geschäftsgeheimnisgesetz: Neue Herausforderungen, neue Maßnahmen!
Der Geheimnisschutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist für Unternehmen von zentraler Bedeutung. An das am 26. April 2019 in Kraft getretene Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) sind daher hohe Erwartungen geknüpft. Umso größer dürfte die Überraschung für viele Unternehmen ausfallen, die sich nun durch das GeschGehG gezwungen sehen, schnell tätig zu werden, wollen sie ihre Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse weiterhin schützen. Nach der bisherigen Definition der deutschen Rechtsprechung galt, wer sein Know-how schützen wollte, konnte dieses ohne großen Aufwand zum Geschäftsgeheimnis
erklären. Wer sich jedoch nach der neuen Rechtslage auf ein Geschäftsgeheimnis berufen will, muss darlegen können, dass er sein Know-how durch nach außen hin erkennbare angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt hat.
Unternehmen stehen durch die neue Definition insbesondere vor zwei großen Herausforderungen: Zum einen dürfte klar sein, dass Handlungsbedarf besteht, wenn wichtiges Know-how oder andere schützenswerte Informationen dem Geheimnisschutz unterfallen sollen. Zum anderen stellt sich jedoch die Frage: „Was ist eine angemessene Maßnahme?“ Daher sollten Unternehmen zunächst möglichst abschließend erfassen, welche Informationen geheim gehalten werden sollen. Besonderes Augenmerk bei der Prüfung des Status quo sollte z.B. auf Informationen wie Kundendaten, Bilanzen, Daten über Zulieferer, Kalkulationen, Prototypen, Pläne, Rezepturen, Algorithmen, Source Codes und die Dokumentationen der Programmierer gelegt werden. Wurden die im Unternehmen zu schützenden Informationen ermittelt, gilt es nun angemessene Maßnahmen im Sinne des Geschäftsgeheimnisgesetzes zu ergreifen.
Gerade da die zu ergreifenden Maßnahmen immer vom Einzelfall abhängen, wäre eine dreiteilige Prüfung hinsichtlich zu ergreifender angemessener Maßnahmen vorzunehmen.
- Zunächst sollten klare Verantwortlichkeiten für den Schutz von Informationen entwickelt werden. Schützenswerte Informationen sollten als vertraulich gekennzeichnet bzw. erklärt werden und die Mitarbeiter des Unternehmens im Umgang mit Geschäftsgeheimnissen geschult und sensibilisiert werden. Hierbei sollten die Mitarbeiter auch über Whistleblowing aufgeklärt werden, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Es können auch rechtliche Maßnahmen entscheidend zum Geheimnisschutz beitragen. Hierbei geht es insbesondere darum, dass der Inhaber das Geschäftsgeheimnis nachweisen muss, dass er die rechtmäßige Kontrolle über die Information hält. Eines der großen Risiken im Schutz von Geschäftsgeheimnissen sind oftmals die eigenen Mitarbeiter. Was für die eigenen Mitarbeiter gilt,gilt im besonderen Maß für Geschäftspartner. Auch diese sollten entsprechend vertraglich zum Geheimnisschutz verpflichtet werden (durch sog. NDA: non-disclosure agreements).
- Neu im deutschen Recht ist zudem die Zulässigkeit des sog. Reverse Engineering (Erlangung eines Geheimnisses durch Zurückentwickeln eines Produkts), das nach bisheriger Rechtslage überwiegend als unzulässig angesehen wurde. Durch vertragliche Regelung kann das Reverse Engineering jedoch – in gewissen Grenzen – weiterhin ausgeschlossen werden. Daher sollten entsprechende Vertragsgestaltungen z.B. mit Kunden, Lizenznehmern, oder Partnern in Kooperationsverträgen getroffen werden.
Einmal ergriffene Geheimhaltungsmaßnahmen sollten in regelmäßigen Abständen überprüft und das entwickelte Schutzkonzept aktualisiert werden. Auch wenn das Geschäftsgeheimnisgesetz erst einmal viel Arbeit und Aufwand für Unternehmen mit sich bringt, erleichtert es doch die Einschaltung der Gerichte und die Durchsetzung des Geheimnisschutzes. Neben Ansprüchen auf Beseitigung und Unterlassung der Beeinträchtigung hat der Geschäftsgeheimnisinhaber gegen den Rechtsverletzer Ansprüche auf Vernichtung, Herausgabe, Rückruf, Entfernung sowie Marktrücknahme der rechtsverletzenden Produkte, Dokumente, Gegenstände oder Dateien, die das Geschäftsgeheimnis enthalten. Um dem Geschäftsinhaber einen möglichst effektiven Schutz seines Geschäftsgeheimnisses zu ermöglichen, hat er ein Auskunftsrecht gegenüber dem Rechtsverletzer über u.a. die Herkunft und die Empfänger von rechtswidrig erlangten oder offenbarten Geschäftsgeheimnissen.
Quelle: Rechtsanwalt Burkhard Capell, Fachanwalt für Steuerrecht, Berlin