„Das Personal ist mittlerweile ein Hauptthema bei Unternehmenskäufen!“

Hans Münch • con|cess • Neumarkt

Das Thema Fachkräftemangel ist aktuell in aller Munde. Für Sie und die Mandanten in Ihrer Region dagegen ist das allerdings nichts Neues, warum?
In der Oberpfalz und in Oberbayern herrscht schon länger nahezu Vollbeschäftigung, Fachkräfte sind enorm schwer zu bekommen. Zudem ziehen große Konzerne wie zum Beispiel die AUDI AG in Ingolstadt oder die Schaeffler-Gruppe in Herzogenaurach die meisten Arbeitskräfte an, was die Lage für kleine und mittelständische Unternehmen in der Region noch schwieriger macht. Das gilt für alle Branchen, insbesondere das Handwerk. Für viele geht es schon nicht mehr darum, neue Fachkräfte zu bekommen, sondern die vorhandenen zu halten und mit dem Betrieb zu überleben.

Worin sehen Sie die Gründe für diese Entwicklung?
Salopp gesagt sind wir – also die Gesellschaft insgesamt – selbst schuld. Kaum ein junger Mensch will noch eine Ausbildung absolvieren, wir haben eine Über-Akademisierung des Nachwuchses. Gleichzeitig haben viele Unternehmen die eigene Ausbildung vernachlässigt und auf die Ergebnisse der universitären Ausbildung gehofft. Vergeblich, wie wir seit einigen Jahren erleben, denn die Qualität und der praktische Nutzen für die einzelnen Unternehmen ist nicht besser, im Gegenteil: ein guter Auszubildender hilft einem Unternehmen oft schneller und besser weiter als ein Bachelor-Absolvent.

Was bedeutet der Fachkräftemangel für die Nachfolgesuche von Unternehmern?
Das Thema Personal hat sich in den vergangenen Jahren bei Unternehmenskäufen von einem Aspekt unter vielen zu einem Hauptfokus entwickelt. Es gibt sogar Interessenten für Unternehmen, denen es ausschließlich um die Qualität und Quantität der Belegschaft geht. Produkte, Betriebsausstattung und so weiter spielen manchmal gar keine Rolle mehr. Legten potenzielle Käufer und Investoren früher größten Wert auf eine möglichst junge Mitarbeiterschaft, ist eine Betriebstreue von 10 bis 15 Jahren für viele heute ein wichtiger.

Was raten Sie Ihren Mandanten in dieser Lage?
Anreize schaffen! Nicht nur monetär, sondern das gesamte Betriebsklima fokussieren, insbesondere die Personalstruktur und Führungsaspekte. Wichtig ist, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Unternehmensfragen mitzunehmen und ihnen baldmöglich Verantwortung zu übertragen – also weg von einer Betriebskultur der Anweisung und Anleitung hin zu mehr Selbständigkeit. Noch vor wenigen Monaten musste ich einem Mandanten raten, den Verkauf seines stark inhaberzentrierten Unternehmens zu verschieben, da es nicht verkäuflich war. Mittlerweile wächst dort eine zweite Führungsebene heran, die Erfolgschancen am Markt steigen so deutlich. Der Fall zeigt auch einmal mehr, wie wichtig es ist, sich frühzeitig gemeinsam mit einem erfahrenen M+A-Berater mit dem Thema Nachfolge zu beschäftigen. Denn notwendige Veränderungen in Hierarchie, Personalstruktur und Betriebsklima brauchen Zeit. Individuelle Lösungen für einzelne Unternehmen gibt es also. Um aber den Fachkräftemangel insgesamt in den Griff zu kriegen, müssen andere Weichen gestellt werden.

Welche?
Zuallererst muss das duale Ausbildungssystem deutlich gegenüber der weiteren Akademisierung aufgewertet werden. Es ist nicht umsonst das beste Ausbildungssystem für das Handwerk weltweit. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen müssen noch mehr für ihre Vorzüge als Ausbildungsbetriebe – auch gegenüber Konzernen – werben, gerade was selbständiges Arbeiten angeht. Last but not least müssen wir uns mehr und schneller ausländischen Fachkräften öffnen. Ohne sie werden wir den Mangel nicht beheben können.