Pensionszusagen und betriebliche Altersvorsorge können Hypothek oder sogar Deal-Breaker im Nachfolgeprozess sein!
Herr Schrade, neben der klassischen Nachfolgeberatung fokussieren Sie ein Thema, das Unternehmensverkäufe aktuell und in der Zukunft noch schwieriger macht, als es sowieso schon der Fall ist. Worum geht es?
Peter Schrade: Es geht um von Unternehmen als Inhaberversorgung ausgesprochene Pensionszusagen sowie um Instrumente der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Sie können, je nach Ausgestaltung, Unternehmensverkäufe erschweren oder sogar unmöglich machen. Trotz dieser Bedeutsamkeit beschäftigen sich die meisten Unternehmer erst im Rahmen des Nachfolgeprozesses damit – dann ist es jedoch häufig zu spät, um notwendige Anpassungen vorzunehmen.
Was ist das Besondere an Pensionszusagen?
Es ist ein sehr spezielles und komplexes Thema, mit dem sich viele Steuerberater, aber auch M&A-Spezialisten, nicht auskennen. Üblich ist, den handelsrechtlichen Barwert der Pensionszusagen vom Kaufpreis abzuziehen. Das scheint schnell und einfach zu sein. Ist es aber nicht. Vergessen wird, dass nach der letzten Rentenzahlung immer noch steuerliche Auflösungsrisiken, d.h. hohe Liquiditätsbelastungen aus der Auflösung der Steuerrückstellungen, bestehen. Auch die Nachhaftungsproblematik spielt entsprechend mit rein. Außerdem basiert diese Lösung auf der Hoffnung, dass der Käufer die Pensionszusagen übernimmt, was den Verkäufer auch in Zukunft an das ehemalige Unternehmen bindet.
Was empfehlen Steuerberater?
Viele Steuerberater setzen auf Rentnergesellschaften, um Pensionsverpflichtungen auszugliedern. Aber auch da ist eine Übertragung beim Verkauf längst nicht so einfach, wie es scheint. So gibt es bis heute keine eindeutige Vorgabe, mit welchem Rechnungszinssatz und auf Basis welcher Lebenserwartung der Vermögenswert berechnet werden muss, um damit einen eindeutigen aktiven Übertragungswert zu ermitteln.
So sind für die Höhe des Vermögenswertes, der übertragen werden soll, verschiedene Werte wichtig, die alle aber unterschiedliche Auswirkungen haben: Rentenhöhe, Lebenserwartung, Zinssatz und Kosten, beispielsweise Verwaltungskosten für eine Versicherung. Dies macht eine eindeutige Ermittlung des Vermögenswertes, welcher mit übertragen werden muss, um die Rentnergesellschaft mit dem aus steuerlicher Sicht benötigten Kapital auszustatten, schwierig. Der handelsrechtliche Zinssatz liegt aktuell bei knapp 2,0 Prozent, der steuerliche Zinssatz bei 6,0 Prozent und der Versicherungszinssatz bei 0,5 Prozent. Allein dies zeigt, wie groß die Unterschiede bei den Kapitalwerten ausfallen können, was nach Beurteilung des Finanzamtes zu der Gefahr von verdeckten Gewinnausschüttungen oder sogar verdeckten Einlagen führen kann.
Warum beschäftigt sich kaum ein Unternehmer oder Berater mit diesem Thema?
Viele Unternehmer sehen das Thema aus der Anlagesicht, sie verlassen sich auf Aussagen ihres Bank- oder Versicherungsvertreters, etwa: „Möchte ein Geschäftsführender Gesellschafter 3.000, - Euro Rente monatlich, kostet dies das Unternehmen 1 Million Euro“. Dabei gibt es zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten bzw. Alternativen, um das ,belastete‘ Unternehmen für den Verkauf attraktiver zu machen. Entscheidend ist, sich frühzeitig mit diesem Thema zu beschäftigen.
Was sind die größten Gefahren aus der betrieblichen Altersvorsorge für einen Verkaufsabschluss?
Die bAV ist ein hervorragendes Instrument zur Mitarbeiterbindung und macht ein Unternehmen, wenn sie richtig aufgesetzt ist, im Verkaufsprozess deutlich wertvoller. Bisher ist das Thema aber genau wie die Pensionszusagen eher Hypothek oder sogar Deal-Breaker. Denn oft gibt es dafür gar keine arbeitsvertraglichen Regelungen. Auch sind Entgeltumwandlungen häufig nicht schriftlich fixiert. Manche Unternehmer schließen außerdem gerne mit verschiedenen Mitarbeitern unterschiedliche Modelle ab. Dabei gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein Benachteiligter kann noch 30 Jahre nach Rentenbeginn gegen die Schlechterstellung klagen. Diese Themen werden in den kommenden Jahren noch umfassender, denn dann gehen die ersten Personen, die Verträge nach dem neuen Betriebsrentengesetz von 2002 geschlossen haben, in den Ruhestand.
Welche Lösungen empfehlen Sie Unternehmen?
Eindeutig versicherungsfreie Unterstützungskassen. Sie sind klar, einfach, krisensicher und für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen interessant. Letzterer hat ein attraktives Instrument der Mitarbeiterbindung, spart bei den Sozialversicherungskosten und ist, anders als bei Versicherungen, zum Zeitpunkt der Kapitalauszahlung vor Überraschungen gefeit. Wie attraktiv die Methode für Arbeitnehmer ist, zeigt eine Beispielrechnung aus der Praxis: Wandelt ein 39-Jähriger monatlich 300,- Euro von seinem Bruttogehalt um, erhält er dazu einen Grundzuschuss von 40,- Euro, den alle bekommen, egal wie viel sie umwandeln können. Hinzu kommt ein Zuschuss von 30 Prozent. Der Arbeitgeber garantiert eine Verzinsung von 1,5 Prozent. Zum Renteneintritt bekäme dieser Mann eine Kapitalauszahlung in Höhe von 173.000 Euro. Eine vergleichbare Versicherung würde nur 112.000 Euro auszahlen.
Und was bedeutet eine Unterstützungskasse / bAV für den Unternehmensverkauf?
Ist die bAV durch eine Unterstützungskasse gesichert, treibt das den Wert eines zu verkaufenden Unternehmens und macht es attraktiver für Käufer. Das ist von besonderer Bedeutung, denn der Verkäufermarkt wird aktuell immer größer. Zusätzlich zu den altersbedingt motivierten Verkäufern streichen immer mehr Unternehmer aus Frust über die Rahmenbedingungen in Deutschland die Segel, selbst wenn die Geschäfte gut gehen. Unternehmen mit Hypotheken wie veralteten Pensionszusagen oder unstrukturierten bAV haben dann noch weniger Chancen, einen guten Käufer zu finden.