Zuordnung von Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto bei Anteilserwerb zu verschiedenen Zeitpunkten
Werden bei einer Gewinnausschüttung Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto bezogen, sind diese Gewinnausschüttungen nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG), sie mindern aber die Anschaffungskosten der Anteile, auf die diese Ausschüttungen entfallen. Bei einer späteren Veräußerung der Anteile oder Auflösung der Gesellschaft sind entsprechend geminderte Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Übersteigen die Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto die Anschaffungskosten der Anteile, entsteht bereits bei der Gewinnausschüttung ein steuerpflichtiger fiktiver Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 4 EStG.
Bei Erwerb von Anteilen an derselben Kapitalgesellschaft zu verschiedenen Zeitpunkten sind die Anschaffungskosten jeweils gesondert zu ermitteln und festzuhalten, weil die Anteile ihre rechtliche Selbständigkeit sowohl gesellschaftsrechtlich (§ 15 Abs. 2 GmbHG) als auch nach § 17 Abs. 1 EStG behalten (BFH vom 29.07.1997, BStBl 1997 II S. 727). Bei einer Veräußerung sind für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns bzw. -verlusts die tatsächlichen Anschaffungskosten des einzelnen Anteils maßgebend (BFH vom 10.10.1978, BStBl 1979 II S. 77).
Demzufolge müssen die Anschaffungskosten bei Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto pro Anteil fortentwickelt werden. Dies kann dazu führen, dass bei einzelnen Anteilen die Anschaffungskosten durch Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto bereits verbraucht sind und ein fiktiver Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 4 EStG entsteht, während bei weiteren Anteilen an derselben Kapitalgesellschaft noch Anschaffungskosten vorhanden sind. Handelt es sich bei den Anteilen, deren Anschaffungskosten bereits verbraucht sind, um sperrfristbehaftete Anteile i.S.d. UmwStG, löst die (weitere) Einlagenrückgewähr ein sperrfristschädliches Ereignis gem. § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG aus. (OFD Frankfurt/M. v. 30.10.2019 - S 2244 A - 41 - St 519)
Quelle: Rechtsanwalt Burkhard Capell, Berlin