Zeitliche Dimension des Unternehmensverkaufs

Viele verkaufswillige Unternehmer haben keine oder falsche Vorstellungen von der zeitlichen Dimension eines Unternehmensverkaufs. Befeuert wird diese Unsicherheit durch Beiträge in einschlägigen Medien, wonach ein solcher drei, fünf oder noch mehr Jahre beansprucht. Diese Feststellung ist durchaus zutreffend, wenn davon ausgegangen wird, dass viele mittelständische Unternehmen über strukturelle Defizite verfügen - wie im letzten newsletter bzw. in der 14. Fortsetzung des Unternehmensverkaufs von A-Z beschrieben -, die im Sinne einer Optimierung von Verkaufsfähigkeit und Verkaufspreis erst im Verlaufe mehrerer Jahre beseitigt werden können.

Tatsächlich zeigt die tägliche Praxis allerdings, dass die meisten Verkäufer ihr Unternehmen verkaufen bzw. anbieten möchten, so „wie es steht und liegt“ mit all den oft vorhandenen Defiziten. Auch solche Unternehmen sind verkaufbar und in diesem Fall stellt sich die zeitliche Dimension so dar, dass ein Unternehmen meist im Durchschnitt von etwa 9 Monaten veräußert werden kann. Grob gegliedert in die unterschiedlichen Arbeitsphasen, wie Angebotsvorbereitung- und -erstellung, Akquisitionsphase sowie Closing-Phase (Vorbereitung und Durchführung eines Vertragsabschlusses), kann man dafür je etwa 3 Monate plus/minus ansetzen, jedenfalls wenn eine professionelle und routinierte Vorgehensweise an den Tag gelegt wird und ausreichend Zeit in die damit verbundenen Arbeiten investiert wird. (Ein professioneller Berater steckt in diesen 9 Monaten etwa 100-500 Stunden hinein. M&A-unerfahrene Unternehmer müssen - wenn sie es selbst in die Hand nehmen - mit deutlich mehr Stunden rechnen, die neben der täglichen Arbeit zusätzlich anfallen.) Dieser Zeitablauf deckt sich mit der Vorstellung ernsthafter Kaufinteressenten, die ihrerseits an einer zügigen Abwicklung interessiert sind.

Für die Angebotserstellung gilt die alte fußballerische Weisheit, dass eine gute Vorbereitung der halbe Sieg ist. Gerade in diesem Punkt gibt es allerdings meist erhebliche Defizite. Viele Unternehmensangebote sind nicht so sorgfältig erstellt, wie es der Sache – dem Verkauf eines Lebenswerkes, oft das größte Geschäft im Leben eines Unternehmers - angemessen wäre. Oft fehlt eine adäquate und nüchterne, faktenreiche Darstellung aller Aspekte des Unternehmens, ein Masterplan für die Perspektiven, eine nachvollziehbare Begründung für die Kaufpreisforderung, dazu passende Vergangenheits- und Zukunftszahlen und weiteres. Es sind dann viele Nachfragen seitens der Kaufinteressenten notwendig, die zu erheblichen Zeitverzögerungen und unnötigem Mehrfachaufwand für alle Seiten führen. „Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich gar nicht hierher gefahren!“ ist dann ein typischer Satz eines Kaufinteressenten, der wesentliche Fakten erst im Gespräch erfährt. Es mag sicher auf den ersten Blick verständlich erscheinen, wenn Verkäufer den erheblichen Aufwand einer derartig angemessenen Präsentation scheuen, zumal subjektive Zweifel bestehen, ob der Aufwand lohnt. Es führt für einen professionellen und zügigen Verkauf allerdings kein Weg daran vorbei. Die verbreitete Mentalität einer „Salami-Taktik“ führt jedenfalls regelmäßig in die Sackgasse, weil sich ernsthafte Kaufinteressenten dann oft zurückziehen. Erstens, weil es auch in der Darstellung eines Angebots qualitativ bessere Unterlagen gibt und zweitens, weil sich die Informationsbeschaffung als zu mühselig und zeitintensiv erweist. Und drittens: ein professionelles, faktenreiches Exposé ist die erste Visitenkarte des Unternehmers und entscheidet bereits wesentlich über den wichtigsten Erfolgsfaktor für den Unternehmensverkauf: den Aufbau von Vertrauen durch Transparenz und Schnelligkeit.

Die Generierung von Kaufinteressenten ist letztlich eine Fleißarbeit. Es gilt, eine ausreichend große Anzahl potentieller Kaufinteressenten zu erreichen und dabei gilt das Gesetz der großen Zahl. Die Ansprache nur einer Handvoll von Käufern ist regelmäßig zum Scheitern verurteilt. Von Unternehmensberatern und -vermittlern ist bekannt, dass diese oft Hunderte von potentiellen Käufern anonymisiert ansprechen oder durch andere Maßnahmen erreichen können, um daraus einen Pool von vielleicht 5-15 ernsthaften und potentiell passenden Interessenten zu generieren. Hinzu kommt bei professionellen Vermittlern, gerade solchen in großen Netzwerken, dass dort meistens bereits Interessenten gelistet sind, die auf neu hereinkommende, passende Angebote warten. Auch hier gilt es wie bei der Bewerbung eigener Produkte und Dienstleistungen, ausreichende werbliche Maßnahmen durchzuführen und den Werbeaufwand ggf. zu erhöhen. Damit gelingt es meistens, die relevante Zielgruppe innerhalb weniger Wochen zu erreichen. Diese Phase beinhaltet daran anschließend die Interessentenauswahl und -qualifizierung, die Vereinbarung von Gesprächsterminen für das differenzierte Fact-Finding mit nachfolgenden Verhandlungen und endet mit der formalen Bekundung einer Kaufabsicht, ausgedrückt in einem Letter of Intent (LoI) oder einem Memorandum of Understanding (MoU).

In der abschließenden Closing-Phase mit der Due Diligence als Vorbereitung für einen Kaufvertrag sowie bei den Kaufvertragsverhandlungen gilt es dafür Sorge zu tragen, dass sich die Dinge nicht endlos hinziehen. Es besteht sonst die Gefahr, dass sich das Interesse einer oder beider Seiten verflüchtigt. Da (spätestens) jetzt externe Fachberater, wie M&A-erfahrene Steuerberater und Rechtsanwälte, hinzugezogen werden müssen, gibt es oft Koordinierungsprobleme und es empfiehlt sich daher, alle Prozessschritte von Anfang bis zum Ende festzulegen und zu terminieren. Am Ende jedes einzelnen Prozessschrittes sollte jeweils ein Ergebnis stehen, auf das im nächsten Schritt aufgebaut werden kann. Auch sollte ein notarieller Beurkundungstermin insbesondere am Jahresende rechtzeitig gebucht werden, die Notare haben dort rush hour.

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